Andreas Ellinger

JOURNALISMUS IN WORT UND BILD

Ein Scheißspaß…

Veröffentlicht in: Features, Justiz

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Abführmittel im Bier ist Körperverletzung

Durchfall ist ein Elend – und in manchen Fällen auch eine gefährliche Körperverletzung! So verhielt es sich mit dem vermeintlichen Magen-Darm-Leiden, das einen Zeitsoldaten der Bundeswehr im Sommer nach ein paar Flaschen Bier befiel – weil ihm ein Rekrut Abführmittel hineingetropft hatte.

Nachdem die „Kameraden“ ihren feucht-fröhlichen Treffpunkt am Horber Neckarufer im Juli verlassen hatten, war der Zeitsoldat gegen Mitternacht in die Hohenberg-Kaserne zurückgekehrt, wie er am Dienstag als Zeuge vor dem Horber Amtsgericht berichtete. Zwei Stunden später sei es mit der Nachruhe vorbeigewesen. Bis gegen 7 Uhr pendelte der Mann zwischen Stube und Schüssel.

Der Krankmeldung beim Unteroffizier vom Dienst folgte ein Gespräch mit dem Kompanie-Chef und eine Untersuchung beim Arzt, der den Armen an den Tropf hängte und krankschrieb. „Die Infusion war medizinisch notwendig, um Gefahren abzuwehren“, sagte der Mediziner vor Gericht. Der Mann habe sich einem Zustand befunden, „in dem wirklich gehandelt werden muss“. Sein Kreislauf sei zusammengebrochen. Auf das Abführmittel „Laxoberal“ angesprochen, sagte der Arzt, dass es – falls medizinisch notwendig – in einer Menge von 5 bis 10 Tropfen verabreicht werde. Wenn es einfach so eingenommen werde, „dann wirkt das verheerend“. Dass es im Fall seines Patienten 15 Tropfen gewesen sein sollen, wie der Angeklagte gesagt hatte, dass zweifelte der Arzt an – er ging von mehr aus.

Der Angeklagte hatte nach eigenem Bekunden nur einen Spaß machen wollen. Er wunderte sich, dass Abführmittel rezeptfrei erhältlich sei, wenn es so gefährlich wirke. Er wollte wissen, ob man damit auch jemanden umbringen könne. Das bestätigte der Arzt.

Der Major, der den Fall intern untersucht hatte, hielt es von der „charakterlichen Eignung“ des Täters her für möglich, dass er sich nur einen Spaß erlauben wollte. Den Geschädigten schilderte er als „recht gutmütigen Menschen“, den die Attacke nicht nur drei Tage lang körperlich mitgenommen habe, sondern auch wochenlang psychisch. „Er war tief betroffen, dass ihm jemand sowas antut. Er war im sozialen Umgang mehr gestört als körperlich“, so der Major.

Dass es dem anderen Soldaten schlecht gehen werde, habe der Täter in Kauf genommen, als er ihm Abführmittel ins Bier gegeben habe, sagte Amtsgerichts-Direktor Wolfgang Heuer in seiner Urteils-Begründung. Freundlich zuzuprosten, in dem Bewusstsein, dass der Gegenüber Abführmittel im Bier habe – das nannte er einen „hinterlistigen Überfall“. Die vollen Konsequenzen seiner Tat habe der Angeklagte aber wohl nicht im Blick gehabt, meinte der Richter. Das trug dazu bei, dass er nahe an der Mindeststrafe von sechs Monaten blieb. Er verurteilte den Mann zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung – zudem soll er 700 Euro ans „Marmorwerk“ zahlen.

Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik

Mittwoch

24

November 2010

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Horb