Andreas Ellinger

RESEARCH, ANALYSES AND REPORTING

Wie ein Metal-Musical

Veröffentlicht in: Kultur, Rezensionen, Rock-Blog

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Das „Deathtiny“-Konzert im Hechinger Rock-Café „Kiss“

Melodic-Dark-Metal prägte die „Schwarze Nacht“ im Rock-Café „Kiss“ mit einer Band, der Schicksal und Tod den Namen geliehen haben: „Deathtiny“.

"Deathtiny"-Sänger und Gitarrist Dennis Buffing. Bild: A. Ellinger

„Deathtiny“-Sänger und Gitarrist Dennis Buffing.
Bild: A. Ellinger

Hechingen. Wer Bands wie „Nightwish“ und „Evanescence“ ganz nett findet, aber ansonsten Mucke mit deutlich mehr Härtegraden beansprucht, dessen Ohren haben beim „Deathtiny“-Konzert in Hechingen große Augen gemacht: Im Hechinger „Kiss“ traf brachialer Metal mit infernalisch tiefem Männer-Grunzen auf beinahe opernartigen Frauengesang.

Julia Mann und Gitarrist Dennis Buffing bilden das gegensätzlichst klingende Sänger-Paar. Black- und Death-Metal-typisches Brüllen und Kreischen ertönen in einem spannungsgeladenen Dialog mit einer glockenklaren, klassisch ausgebildeten Stimme – so inszenieren die beiden ein Wechselspiel zwischen Gut und Böse. Für den melodisch geprägten, aber martialisch pointierten Sound sorgen Drummer Tobias Brezler, Bassist Andreas Herzfeld und Keyboarder Anselm Wolf.

"Deathtiny"-Frontfrau Julia Mann sang voller Hingabe. Bild: A. Ellinger

„Deathtiny“-Frontfrau Julia Mann sang voller Hingabe.
Bild: A. Ellinger

Das Publikum reagierte begeistert auf die monumentalen Klangbilder, welche die Band in ihren Kompositionen entfaltet. Die facettenreiche Mimik von Julia Mann tut ein Übriges, um manchen Song stilistisch wie ein Metal-Musical wirken zu lassen. Ihr Gesichtsausdruck variierte ausdrucksstark von lieblich bis zornig und von trotzig bis verzweifelt. Voller Leidenschaft sang das „Deathtiny“-Paar von explodierendem Schmerz, nicht heilenden Wunden und von einem Weg, der ins Nirgendwo führt, sowie von Sehnsüchten, Begierde und Tod.

Düstere Romantik dominiert die lyrischen Lieder, wobei zwischendurch sozialkritische Töne anklingen. Als da wären die Kirchenglocken, die in „Heaven & Lies“ zu Gebet und Krieg läuten. Die Erkenntnis „heaven has failed“ – das Himmelreich hat versagt – mutet sogar philosophisch an. Friedrich Nietzsches Aussage, „Gott ist tot“, lässt grüßen.

„Deathtiny“ kam fast direkt aus einem Münchener Tonstudio ins „Kiss“. Die in Sulz gegründete und inzwischen auf halb Baden-Württemberg verteilte Band sucht ein Label für ihr Album „In Creeps Clothing“. Den Titelsong gabs im „Kiss“ als akustischen Vorgeschmack.

Kurz nach der Geisterstunde, als anderswo noch die Hexen tanzten, folgte der dritte und letzte Teil des Konzerts. Getanzt wurde ab sofort auch hier, vor der Bühne. Eine Zugabe war für „Deathtiny“ folglich Pflicht. Eine zweite scheiterte, weil sich Sängerin Julia schließlich ihrer Erkältung ergeben musste. Sogleich läuteten die „Hells Bells“ als Musik aus der Dose den postkonzertanten Teil der „Schwarzen Nacht“ ein. Es hatten sich unter anderem Ladies in Black eingefunden – teilweise in eng geschnürten Korsetts und Glockenröcken. Farbliche Akzente, aber dafür umso buntere, setzten ein paar versprengte Fasnetsfans.

Andreas Ellinger, Hohenzollerische Zeitung, Hechingen

Dienstag

4

März 2014

Publikation:
Hohenzollerische

 

Ressort:
Hechingen