Andreas Ellinger

JOURNALISMUS IN WORT UND BILD

Von Schneewittchen getränkt

Veröffentlicht in: Features, Umwelt

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Es ward einmal ein armer Bauer, der hatte seine Kühe verkauft, weil ihm die Milch nicht mehr genug zum Leben einbrachte. Übrig blieben seine Wiesen mit ihren Apfelbäumen. Was sollte mit ihnen geschehen? Das Gras darbte dahin, weil er es weder als Futter noch als Streu mehr zu gebrauchen wusste. Und auf dem Obst-Markt war schon seit Gezeiten etwas faul. So viel konnte er gar nicht die trockene Kehle hinunterschütten, wie er es hätte vermosten können.

Verzweifelt schloss er sich in sein Schlafzimmer ein und fragte: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer kann mir was geben, von was soll ich leben – wenigstens in den Mund aus der Hand?“ Da antwortete ihm der Spiegel, der kein gewöhnlicher Spiegel, sondern ein Zauberspiegel war: „Bauer, Du bist sehr klug – doch viele Bauern in den Kreisen Freudenstadt, Calw und Enz sind noch viel klüger als Du – sie machen ihre Äpfel zu Saft und zu Cidre und verdienen Geld im Nu.“ Der Bauer erwiderte: „Danach will ich streben. Aber wem soll ich meine Äpfel geben?“ Der Spiegel erklärte es ihm: „Das ist weise, frag die Streuobst-Initiative in deinem Kreise.“

Der Bauer tat, wie ihm befohlen ward und brachte seine Apfel-Ernte zur Streuobst-Initiative Calw- Enzkreis-Freudenstadt, die daraus vier Säfte braute: einen dunklen und einen hellen Apfeltrunk einen lustig machenden Trunk, der Cidre getauft ward – und einen geheimnisvollen Trunk. Letzterer ward mit einer Frucht versetzt, die der eines Apfels gar ähnlich sah – der Mango. Sie wuchs hinter den „Sieben Bergen“, in einem Land, das seine Leute Philippinen nannten.

Den Trinkern ward verheißen, dass sie ihrer Gesundheit etwas Gutes täten, weil die Früchte während ihres Gedeihens keinerlei Giften ausgesetzt worden seien. Zum Beweis, dass ein Biss in den Apfel und hierdurch ein Schluck aus der Pulle keine Gefahr – zumindest keine tödliche – berge, tauften sie den Trunk „Schneewittchen“.

Fortan wurden Marketender gesucht, welche die Trünke feilboten. Es fanden sich Weiber und Mannen in den Städten Alpirsbach, Baiersbronn, Dornstetten, Glatten, Freudenstadt, Loßburg und Pfalzgrafenweiler – nur nicht in einem Städtchen namens Horb. Daher trat ein Naturschutz-Bursche an, der auf den Namen Markus Pagel hörte, um die Bürger zu Horb mit einem Cidre-Wässerchen zu verzaubern – auf dass sie es trinken müssen bis an ihr Lebensende.

Wie viele Marketender sich daraufhin einfanden, um ihr Vermögen für das Apfelwasser zu geben, ward nicht überliefert…

Info: Kontakt zur Streuobst-Initiative Calw-Enzkreis-Freudenstadt e.V. über Geschäftsführerin Martina Hörmann, Blumenstraße 15, 72221 Haiterbach, Telefon (0 74 56) 7 94 41, e-Mail: info@ streuobst-initiative.de und

Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik

Freitag

31

März 2006

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Horb