Andreas Ellinger

JOURNALISMUS IN WORT UND BILD

„Dr Bronner“ isch 70

Veröffentlicht in: Politik, Porträts

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Zum Geburtstag des Altheimer Ortsvorstehers und Stadtrats

 

Der dienstälteste Horber Stadtrat feiert heute seinen 70. Geburtstag: Altheims Ortsvorsteher Andreas Bronner. Die Kommunalpolitik hat die Hälfte seines Lebens geprägt – das Engagement des Schulamtsdirektors a.D. hat sich aber nicht darauf beschränkt. Sein Handlungsfeld reicht(e) beispielsweise von der Jagd bis auf die Kirchen-Kanzel.

Altheim. Als kürzlich ein ehemaliger CDU-Stadtrat einen jüngeren Fraktions-Vorsitzenden wünschte, schlug er Andreas Bronner vor… Nicht nur ihn wird es überraschen, dass Bronner heute 70 wird – und folglich 1,5 Jahre älter ist als Amtsinhaber Gerhard Munding.

Es mag an seiner Jahrzehnte langen Arbeit mit Kindern und für Kinder liegen, dass Andreas Bronner zwar älter geworden, aber nicht in die Rolle des klassischen Senioren geschlüpft ist. Und das ist typisch für ihn – er passte nie in eine „Schublade“: Der angehende Maschinenbau-Student, der doch lieber auf die Pädagogische Hochschule ging. Der Reserve-Oberstleutnant, der kein Pauker sondern Pädagoge wurde. Der Schulamts-Leiter, der sich weniger als Kontrolleur der Lehrer, sondern vor allem als ihr Kollege verstanden hat. Der überzeugte Lokalpatriot, der vehement um die „Unechte Teilortswahl“ mit ihren garantierten Gemeinderats-Sitzen für die Stadtteile gekämpft hat, inzwischen aber über ihre Abschaffung sagt: „Die Stadt hat das verkraftet.“

Für einen, der sein Berufsleben lang mehr oder weniger an Schulen verbracht hat, war es folgerichtig, nach seinem persönlichen Schulabschluss erstmal auf die Uni zu gehen. Andreas Bronner hat nach seiner Pensionierung im Jahr 2006 ein katholisches Theologie-Studium begonnen – wohlwissend, dass aus ihm als zweifachem Familienvater kein Priester mehr werden kann – und Wortgottesdienst-Leiter war er bereits. Er konnte sich aber insgeheim vorstellen, noch „den Doktor“ zu machen…

Die innere Ruhe, die er sich Jahr für Jahr auf dem Jakobusweg erpilgert, war ihm jedoch über den geistlichen Hausarbeiten nicht vergönnt. Er studierte mehr die Verwaltungsakten und Sitzungsvorlagen als die universitären Schriften. Fast täglich saß und sitzt er im Rathaus – als Sprecher des Ortsvorsteher-Sprengels hat er im „Ruhestand“ einen Gang zugeschaltet. Regelmäßig lässt er sich beispielsweise aus der Haushalts-Struktur-Kommission des Gemeinderats berichten. Es gelte aufzupassen, erklärt er, dass die Dörfer nicht ihre zentralen Kompetenzen verlieren und dadurch die Ortschaftsverfassungen ausgehöhlt werden.

Weil er zudem nicht von der Schule wegkam, beendete er das Studium lieber. Auch als Schulrat, 1996, hätte er beinahe aufgehört…: „Mir henn dia Kender um mi rom ganz arg g’fehlt.“ Ihr Wohl habe im Mittelpunkt alles schulischen Handelns zu stehen. Das war und ist eine der Grundüberzeugungen Bronners. Mit großen Erwartungen verbunden, hat er am neuen Bildungsplan mitgeschrieben: Statt Schülern Wissen einzutrichtern, sollen ihnen jetzt Kompetenzen vermittelt werden – zum Beispiel die Kompetenz, sich lebenslang genau das Wissen anzueignen, das sie gerade brauchen. Die Schulen hätten viele Freiheiten bekommen, sagt der passionierte Pädagoge, die „den Kindern zugute kommen“ sollten.

Andreas Bronner wird nachdenklich, wenn er von Schulen erzählt, „an denen der Bildungsplan nicht so umgesetzt wird, wie man sich das vorgestellt hat“. Wer ihn so reden hört, dem ist schnell klar, dass der Schulamtsdirektor, der zuletzt das Schulamt Calw geleitet hat, immer noch nicht wirklich „außer Dienst“ ist. „Ich halte mich auf dem Laufenden“, erzählt er. „Ich gehe in die Schulen rein und lasse mich unterrichten.“

Mit Interesse verfolgt er, wie sich die Werkrealschule entwickelt – ob sie von den Ausbildungsbetrieben angenommen oder ablehnend behandelt wird. „Man muss der Werkrealschule eine Chance geben“, betont Andreas Bronner, obwohl er „eine eigene Meinung“ zu der jüngsten Schul-Reform hat. „Ich hatte mir vorgestellt, dass das Land nicht so stur am dreigliedrigen Schulsystem festhält.“ Er favorisierte eine zweigliedrige Variante, die neben dem Gymnasium eine Mittelschule vorsieht, wie er sie in Sachsen kennengelernt hat. „Das läuft ordentlich da drüben.“

Besonders am Herzen liegt ihm als Ortsvorsteher natürlich die Altheimer Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule, deren Rektor er mehr als 16 Jahre lang war. So weiß seine Rathaus-Sekretärin manchmal nicht, ob er gerade auf dem Weg nach Hause oder in die Schule ist… Unglaublich, dass der Mann, der seit 1975 im Ortschaftsrat mitgestaltet und seit 1982 als Ortsvorsteher für die Altheimer Belange einsteht, ein Reig’schmeckter ist. Andreas Bronner ist am 30. Oktober 1940 in Leinstetten geboren.

Seit 1982 arbeitet er für die CDU im Gemeinderat mit. Die Zeit der persönlichen Attacken, die in der heißen Phase der Verkehrsdebatte um B 28 und Hochbrücke geführt worden sind, ist Geschichte – sehr zur Erleichterung von Andreas Bronner, der diesen Stil nie mochte. Eine Jahreslosung seiner Studentenverbindung hat ihn geprägt: „Aufeinander zugehen – Miteinander sprechen.“ Der 70-Jährige gehört aber noch zu den Kommunalpolitikern des alten Schlags, die Gesprächsbereitschaft nicht dadurch signalisieren, dass sie Konsens-Soße verschütten – sondern indem sie Konflikte klar ansprechen. So äußerte sich Andreas Bronner in der Krankenhaus-Debatte beispielsweise enttäuscht über die Kreis-CDU und erinnerte daran, dass der Kreisverband „aus der CDU im Ostkreis und aus der CDU im Westkreis“ bestehe…

Kontroverse Diskussionen sind auch im Gemeinderat zu erwarten – des Spar- Drucks wegen, den das Regierungspräsidium aufgrund der finanziellen Lage auf Horb ausübt. Das Kindergarten-Thema dieser Tage bietet einen Vorgeschmack. „Irgendwo ist eine Grenze erreicht“, sagt Andreas Bronner. „Wo sollen wir denn noch einsparen…?“ Für ihn stellt sich zunehmend die Frage: „Was müssen wir total anders machen?“ Und dabei hat er nicht nur die kommunale Ebene im Blick. „Flächenstädte wie Horb müssen anders behandelt werden als Städte ohne 17 Friedhöfe…“ – finanziell natürlich. „Das Land wollte die Gemeindereform, jetzt muss es zu ihr stehen – es darf die Kommunen nicht hängenlassen.“

Ob ihm der politische Einsatz unter diesen Bedingungen nach wie vor Freude bereitet? „Es macht schon noch Spaß, für die Ortschaft da zu sein und für die Stadt arbeiten zu können“, sagt Andreas Bronner. Trotz finanzieller Krise sei „einiges bewegt“ worden – als Beispiel nennt er das Horber Grünprojekt. „Das ist eine gute Sache und man merkt, dass es nach anfänglicher Skepsis auch die Bevölkerung so sieht.“ Außerdem mache es Spaß, mit dem neuen Oberbürgermeister zusammenzuarbeiten.

Trotzdem hat der dienstälteste Stadtrat das Ziel seiner politischen Laufbahn abgesteckt: „Ende der Legislaturperiode ist auf jeden Fall Schluss – als Ortsvorsteher wie als Gemeinderat.“ Im Jahr 2014.

Für neue Anregungen war und ist Andreas Bronner immer offen und er vertritt sie mit großer Umsicht, nachdem er sie sorgfältig überdacht hat. Das sagte Schulrat Josef Kaufmann über den Schulleiter Bronner anno 1985, als er sein 25-jähriges Dienstjubiläum feierte. Und diese Beschreibung trifft auch seinen kommunalpolitischer Stil.

Nachdem Andreas Bronner zugunsten seines Engagements für die Allgemeinheit auf „den Doktor“ verzichtet hat, sei ihm dieser Titel wenigstens ehrenhalber in einer schwäbischen Variante zum Geburtstag verliehen…: „Dr Bronner“ feiert heit‘ sein Siebzigschda – älles Guade ond veil G‘sondheit!

Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik

Samstag

30

Oktober 2010

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Horb