Die den ersten Stein werfen…
Veröffentlicht in: Kirche, Kommentare
Fundamentalisten gibt es nicht nur unter Moslems (von denen in der Terror-Debatte dauernd die Rede ist), sondern auch unter Christen. Daran erinnern die Diskussionen auf Nachrichten-Plattformen im Internet, die von Katholiken betrieben werden – Diskussionen über die Kündigung des ehemaligen Freudenstädter Gemeindereferenten und Dekanatsjugendseelsorgers Stephan Karus, der in der Diözese Rottenburg-Stuttgart eine Art Gesamtbetriebsrats-Vorsitzender für 22 000 kirchliche Mitarbeiter war.
Die SÜDWEST PRESSE hat vor einer Woche über seinen Rauswurf wegen „Ehebruchs“ berichtet. Eineinhalb Jahre nach der Trennung von seiner Frau hatte er mit seiner neuen Partnerin ein Kind bekommen. Das wurde als Verstoß gegen das kirchliche Arbeitsrecht gewertet… So wurde die Kirche einen Mann los, der sich für die Rechte ihrer Mitarbeiter eingesetzt hatte. Ein Engagement, für das die Diözese wohl bezahlen musste – beispielsweise Nacht-Zuschläge…
Obwohl die Kündigung bereits im März 2009 erfolgt war, hatten überregionale Medien davon bisher keine Notiz genommen, wie sich in den vergangenen Tagen herausgestellt hat. Zwischenzeitlich nahmen sich Presseagenturen des Falles an. Von der „Bild“-Zeitung bis hin zur SWR-Landesschau haben viele berichtet. Auch die „Katholischen Nachrichten Kreuz.net“ und der „Katholische Nachrichtendienst Kath.net“ im Internet.
Das „Kath.net“ wird von einem Verein ins Linz getragen. Im Vorspann der „Nachricht“ über den Fall Karus heißt es, der Betroffene habe „Jugendliche mit einem Verhütungsmittel-Koffer beglückt“. Der Autor des Textes ist nicht erkennbar. Die Leser sind, den anonymen Kommentaren darunter zufolge, zufrieden mit der Kündigung: „Eine sehr späte, aber richtige Entscheidung des Bistums.“
„Kreuz.net“ meldete: „Altliberaler wegen ,Ehebruch‘ entlassen“. In dem folgenden, anonym verfassten Text, heißt es über Karus: „Beispielsweise nutzte er im Firmunterricht einen Verhütungs-Koffer, um die Firmlinge zur Todsünde zu verführen.“ Und: „Schon eineinhalb Jahre nachdem er seine Frau verlassen hat, brachte seine Kebse einen Bastard zur Welt.“
Zum gestrigen Holocaust-Gedenktag wurde auf „Kreuz.net“ übrigens ein „Babycaust-Gedenktag“ für Abtreibungs-Opfer gefordert.
Initiiert worden ist das Schmäh-Portal laut Impressum von einer „internationalen privaten Gruppe von Katholiken, die hauptberuflich im kirchlichen Dienst tätig“ und offenbar ohne Sünde sind: Autoren und Leser-Kommentatoren werfen ungeniert mit Steinen – wenn auch zwangsläufig nicht alle mit dem ersten…
Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik
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