Andreas Ellinger

JOURNALISMUS IN WORT UND BILD

„Dann helfe ich mir eben selbst“

Veröffentlicht in: Berichte, Technik

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Hans Schlenker erfand einen Senioren-Fußgelenk-Trainer gegen kalte Füße

 

Egal ob heißes Wasser, kaltes Wasser oder die Medikamente gegen „kalte Füße“ – alles ist für Hans Schlenker aus Fischingen kalter Kaffee. Er schwört stattdessen auf seinen „Senioren-Fußgelenk-Trainer“, den er im vergangenen Frühjahr selbst entwickelt hat.

Fischingen. Eine 23 auf 23 Zentimeter große Platte aus Feinpressholz, zwei kleinere Platten als Fußauflagen, 20 Schrauben, zwei Scharniere, zwei Lederriemen und zwei kurze Holzleisten als „Kippen“ – fertig ist der „Senioren-Fußgelenk-Trainer“. Aber so einfach das jetzt klingen mag, so schwierig war die Entwicklung desselben. Denn nachdem es ihn 20 Jahre an den Füßen gefroren hatte, wollte der pensionierte Fertigungsplaner Hans Schlenker keine halben Sachen entwerfen. Sein Hausarzt hatte ihm damals signalisiert, daß die Ärzte alles Erdenkliche gegen seine kalten Füße getan hätten. Vergebens. Der letzte Rat vom Doktor: „Sie müssen laufen.“

Hans Schlenker gab sich damit jedoch nicht zufrieden. Schließlich könne nicht mehr jeder alte Mensch, der kalte Füße habe, laufen. Deshalb nahm der Rentner das Problem selbst in die Hand. Schlenker: „Wenn die Ärzte mir nicht helfen können, dann helfe ich mir eben selbst.“

Gesagt, getan. Die Idee für sein Gerät war recht schnell geboren. Hans Schlenker schwebte eine Art Lauftrainer vor, der im Sitzen funktioniert. Aber mit welchen Materialen sollte er dabei arbeiten? Aus Presspanplatten brachen die Schrauben aus, viele Federn hatten die falsche Stärke und ganz besonders knifflig verhielt es sich mit den „Kippen“. Bis Hans Schlenker die auf das richtige Maß gebracht hatte, „lief“ das Gerät nämlich. Sprich mit der Abrollbewegung der Füße bewegte sich die ganze Konstruktion. Und zwar vorwärts. Aber der rüstige Rentner bekam das in den Griff.

Seither trainiert Hans Schlenker täglich 20 Minuten auf seiner Erfindung. Das entspreche etwa eineinhalb bis zwei Kilometern Spaziergang, rechnet er vor und sagt: „Das ist mein Sport.“ Und siehe da. Nach ungefähr zwei Monaten hatte er keine kalten Füße mehr. Da staunte der Arzt nicht schlecht und schrieb Hans Schlenker gleich eine Empfehlung für seinen „Senioren-Fußgelenk-Trainer“. Der steigere die Durchblutung der Waden und der Fußgelenke, so der Arzt. Außerdem beuge er kalten Füßen und Wadenkrämpfen vor und stabilisiere die Herzleistung.

Nach soviel Lob aus berufenem Munde eilte der Fischinger flugs zum Patentamt und meldete sein Trainingsgerät an. Schließlich wollte er es nicht noch einmal erleben, daß ihm eine Erfindung durch die Lappen geht. So geschehen beim einarmigen Fahrradständer. Was heute beinahe jedes Fahrrad stehen läßt, hatte Hans Schlenker ursprünglich nach dem Zweiten Weltkrieg erfunden. Geld fürs Patentamt hatte er seinerzeit nicht, weshalb sich bald Nachahmer über das Produkt hermachten. Immerhin konnte er mit dem Ständer Marke „Eigenbau“ eine Zeit lang Geld verdienen.

Auch heute würde Hans Schlenker die Herstellung seiner Senioren- Fußgelenk-Trainer liebend gerne selbst in die Hand nehmen. „Wenn ich jünger wäre, würde ich mich selbständig machen“, sagt er. Doch mit seinen 83 Jahren überließ er das Geschäft übergangsweise seiner Enkelin, die das Stück zu 64 Mark verkauft. Einstweilen sucht er jedoch einen Käufer für sein Patent. Jemanden, der seine Erfindung in großem Stile vertreibt.

Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Sulzer Chronik

Samstag

21

November 1998

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Sulz