Andreas Ellinger

JOURNALISMUS IN WORT UND BILD

Das schmeckt nicht gruselig!

Veröffentlicht in: Features, Umwelt

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Wer einen Kür-Biss wagen will, sollte nicht das Fruchtfleisch der gelben Halloween-Geister wählen

Ja sind die vom Naturschutzbund denn von allen guten Geistern verlassen? Kürbisse im Februar? Jetzt ist weder Erntezeit noch Halloween, sondern Fasnet – auch wenn es Volkmar Rieber und seinem Team nicht schmeckt! Aber Moment mal… Denen schmeckt das sogar besonders gut: Kürbis-Pizza, Chilli Con Kürbis, Kürbis-Quiche, Kürbis-Suppe und süß-saure Party-Häppchen – ebenfalls aus Kürbis.

Horb. Die Geister, die der Horber Naturschutzbund am Mittwoch rief, waren keine Kürbis-Geister, sondern kulinarische Gelüste. Weiß bis grau, völlig unscheinbar, sahen die NaBu-Kürbisse aus. Mit Halloween hatten sie so wirklich gar nichts zu tun. Im Gegenteil: Wer sich schonmal verleiten ließ, seinen Bauch mit dem Fruchtfleisch seines Halloween-Kürbisses vollzuschlagen, der hält die prallen Früchte für Viehfutter und wird sie aus der Küche verbannen.

Volkmar Rieber weiß das aus eigener Erfahrung. 40 Jahre lang hat er jeden Kür-Biss gemieden, ehe ihn Edith Niechciol mit einem „türkischen Kürbis“ auf den Geschmack brachte. Nachdem er zwischenzeitlich Bücher über mehr als 200 Kürbis-Sorten gelesen hat, weiß er zwar, dass es „türkischen Kürbisse“ nicht als Sorte gibt – schmecken tun sie ihm weiterhin: Kürbisse, die beispielsweise Buttercup und „Flat White Boer“ heißen. Das sind Speisekürbisse, die den Namen nach aus englischen Gärten zu stammen scheinen. Rohkost-Proben lagen für die Gäste der Naturschützer in Schälchen bereit. An der Küchenzeile dahinter herrschte Hochbetrieb. Da brutzelten, kochten und backten beispielsweise Edith Niechciols Tochter Ute Grube und der Gau-Obmann des Schwarzwaldvereins, Rainer Reichensperger. Sie gehörten zum rund zehnköpfigen Küchen-Team von Volkmar Rieber, der unterdessen die Einweihung des NABU-Beamers vorbereitete. Er hatte einen würzigen Vortrag vorbereitet. Pfeffer, Öl und Zucker machen die Kürbisse nämlich noch leckerer, als sie es von Natur aus schon sind. Das Urteil von Kürbis- Gourmet Volkmar Rieber: „Gut gewürzt – umwerfend.“

Kürbisse eignen sich laut Rieber, um beispielsweise Linsengerichte oder Erbsenbrei zu „verlängern“. Wer auf seine „Linie“ achte, könne sich mit Kürbissen pappsatt essen, ohne viele Kalorien zu sich zu nehmen – und das zu jeder Jahreszeit. Je nach Sorte lassen sich Kürbisse bis zu einem Jahr lang lagern.

Als Volkmar Rieber vor rund 20 Jahren zum Kürbis-Esser wurde, hat er sofort aufgehört, die vermeintlichen Zier-Gewächse vom Kompost als Viehfutter abzugeben. Er schenkte sie dem Obsthändler Max Rist aus Ravensburg und führte sie damit auf dem Horber Wochenmarkt ein. Rist baut inzwischen selbst Kürbisse an.

Wer Kürbis-Pflanzen sät, sollte aber in jedem Jahr Samen kaufen und nicht etwa die Kerne der letztjährigen Kürbisse verwenden, wie Rieber rät. Die Gewächse kreuzen sich sehr leicht und dann beginnen sie zu „mendeln“, wie der ehemalige Biologie-Lehrer Rieber sagt. Soll heißen: Die Kürbisse gedeihen beispielsweise auf einmal länglich, weil die Mutterpflanzen neben Zucchini gewachsen sind – Zucchini sind übrigens auch eine Kürbis- Art. Die neue Form wäre noch nicht das Problem – die Kreuzungen wirken sich zudem auf den Geschmack aus.

Apropos Geschmack: Laien rät Volkmar Rieber von den gelben Halloween-Kürbissen ab. Nur ein Fachmann weiß, dass beispielsweise der Hokkaido vorzüglich schmeckt – obwohl er gelb ist. Zu beachten sei bei der Sorten-Wahl außerdem die Wachstums- Dauer, betont der Naturschützer. Kürbisse, die erst im Winter reif wären, sind ungeeignet – weil die Vorratskeller dann schon voll sind. Spätestens an Halloween sollte geerntet werden können…
Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik

Freitag

24

Februar 2006

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Horb