Andreas Ellinger

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Wie KLF-Vize Werner Straub abgesetzt wurde

Veröffentlicht in: Arbeitswelt, Berichte

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Anzeige gegen Manager Schmidhuber führte zu keinem Disziplinarverfahren, aber zum Verlust der beruflichen Führungsposition

 

Was ist aus dem Krankenhaus- Mitarbeiter geworden, dessen Aussage bei der Staatsanwaltschaft zu einem Ermittlungsverfahren gegen den damaligen KLF-Boss Rainer Schmidhuber geführt hatte? Von einem Disziplinarverfahren gegen ihn hat Landrat Dr. Klaus Michael Rückert abgesehen… – aber unter Rückerts Leitung hat der KLF-Aufsichtsrat den Hinweisgeber seines Amtes enthoben.

Horb/Freudenstadt. 26 Jahre lang war Werner Straub in der Führung des Horber Hospitals tätig: Ab 1984 war er als Stellvertretender Verwaltungsdirektor der Kirchen- und Hospitalpflege Horb (heute: Katholische Spitalstiftung) für das Krankenhaus zuständig, 1995 wurde er Klinik-Geschäftsführer, zuletzt war er Stellvertretender Geschäftsführer der Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH (KLF) – bis ihm der Aufsichtsrat am 19. Dezember 2010 die Prokura entzogen hat.

Nach Informationen der SÜDWEST PRESSE hatte das Gremium kein Vertrauen mehr zu Werner Straub, weil er die Staatsanwaltschaft darüber informiert hatte, wie die KLF-Führung mit dem Zahlungsrückstand ihres Ärztlichen Direktors umgegangen ist – in der Folge kam es zu einem Ermittlungsverfahren gegen KLFBoss Rainer Schmidhuber. Das Schreiben an die Staatsanwaltschaft, das als Anzeige gewertet wurde, kostete Werner Straub seinen Posten als Stellvertretender Geschäftsführer der KLF gGmbH. In der Folge kam er nicht zum Spatenstich für den Hospital-Anbau im Sommer – dadurch wurde die SÜDWEST PRESSE auf die geheimgehaltene Absetzung aufmerksam.

Eine Anzeige, die nur eine Mitteilung war

Rückblick: Auf eine Presseanfrage teilte im Juli 2010 der damalige Landrat und KLF-Aufsichtsratsvorsitzende Peter Dombrowsky mit: „Gegen den Geschäftsführer der KLF gGmbH wird wegen einer gegen ihn erstatteten Strafanzeige ermittelt.“ Eine Strafanzeige scheint es allerdings nur in juristischem, nicht in wörtlichem Sinne zu geben. Denn Werner Straub hat keine „Strafanzeige“ verfasst, sondern eine „Mitteilung eines Sachverhaltes zur Überprüfung auf strafrechtliche Relevanz“. Das geht aus Dokumenten der Ermittler hervor, die der SÜDWEST PRESSE zugespielt worden sind. Demnach ging der Hinweisgeber davon aus, dass dieser „Sachverhalt“ auch gegen ihn strafrechtliche Relevanz haben könnte – weshalb er sich gezwungen sah, den Sachverhalt zur weiteren Prüfung und Bearbeitung an die Staatsanwaltschaft zu geben.

Die Staatsanwaltschaft Rottweil kam im Sommer 2009 zu dem Ergebnis, dass sie nicht gegen Werner Straub, sondern gegen Geschäftsführer Schmidhuber ermitteln muss – wegen des „Verdachts der Untreue“. Die Ermittlungen dauerten über ein Jahr lang. Es ging um einen „Darlehensvertrag“, den der KLF-Boss mit dem Ärztlichen Direktor abgeschlossen hatte, der zeitweise mehr als 200 000 Euro Schulden bei der KLF hatte. Dieses „Darlehen“ hatte ein Volumen von mehr als 100 000 Euro.

Die Geschäftsordnung der KLF sieht vor, dass Darlehen über 50 000 Euro vom Aufsichtsrat genehmigt werden müssen. Schmidhuber hatte keine Entscheidung des Gremiums veranlasst, möglicher Weise aber eine entsprechende Eilentscheidung des Aufsichtsrats-Chefs Peter Dombrowsky…

Ein Darlehen, das kein Darlehen war…

Letztlich spielte der Entscheidungsweg keine Rolle. Die Staatsanwaltschaft kam zum Ergebnis, dass das „Darlehen“ kein Darlehen im juristischen Sinne sei. Folglich brauchte der Geschäftsführer keinen Prozess zu fürchten und der Landrat keine Untersuchungen, ob er in den Vorgang verwickelt war.

Schmidhuber informierte am 6. Dezember 2010 in der „Hausmitteilung Nr. 30/2010“ über die „Einstellung des Ermittlungsverfahrens“. Dieses Dokument liegt der SÜDWEST PRESSE vor. Darin heißt es: „Herr Werner Straub, Stellvertretender Geschäftsführer der KLF gGmbH, hat am 3. August 2009 Anzeige gegen Herrn Schmidhuber erstattet. Vor Anzeigeerstattung hat Herr Straub weder mit dem Geschäftsführer Schmidhuber, dem damaligen Landrat und Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Herrn Dombrowsky, oder einem anderen vertretungsberechtigten Mitglied des Aufsichtsrats Rücksprache genommen.“ Nach diesem Vorwurf gegen Straub, in der innerbetrieblichen Öffentlichkeit der Kreisklinik-Gesellschaft erhoben, vergingen keine zwei Wochen, bis der Aufsichtsrat den KLF-Vize absetzte.

Zuletzt hat die SÜDWEST PRESSE beim Betroffenen, bei Werner Straub nachgefragt, wie sich die Ereignisse aus seiner Sicht darstellen und was er heute macht. Straub: „Nach der Entscheidung des Aufsichtsrats bat mich Herr Dr. Rückert, im Landratsamt tätig zu werden. Er bot mir ab Januar 2011 die interessante Stabsstelle für Demografie und Strukturentwicklung an (mit vergleichbarer Bezahlung). Das Angebot war für mich ein deutlicher Vertrauensbeweis und ich habe das gerne angenommen.“

Bevor er die Anfrage der SÜDWEST PRESSE beantwortet hat, hielt Straub übrigens mit dem Landrat Rücksprache: „Ich habe Herrn Landrat Dr. Rückert einen Entwurf meiner Antworten vorgelegt. […] Mein Dienstherr hat die Beantwortung Ihrer umfangreichen Anfrage komplett in mein freies Belieben gestellt.“

Aus Pflichtbewusstsein gehandelt

Die Vorgehensweise der KLF-Führung gegen ihn wollte Werner Straub sicherheitshalber trotzdem nicht bewerten, „da ich manchen Personen öffentlich zu nahe treten müsste“. Warum er sich einst an die Staatsanwaltschaft gewandt hat, begründete er so: „Nach Beratung eines Fachanwalts für Verwaltungsrecht und nach Aussage des Oberstaatsanwalts, dass ich die beamtenrechtliche Pflicht dazu habe, habe ich den betreffenden Sachverhalt bei der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung eingereicht.“

Dem KLF-Aufsichtsrat konnte er diese Beweggründe nicht schildern, weil ihn das Gremium nicht einmal angehört, sondern gleich abgesetzt hat. Bereits im September 2010 hatte Werner Straub aber, wie er mitteilte, den „neuen Landrat Herrn Dr. Rückert ausführlich über Inhalte und Hintergründe meiner Zeugenaussage für die Staatsanwaltschaft informiert“. Nachdem das Landratsamt Einsicht in die Ermittlungsakten bekommen gehabt habe, sei „das Einleiten eines Disziplinarverfahren“ gegen ihn „erwartungsgemäß“ nicht weiter geprüft worden.

Die Pressestelle des Landratsamtes teilte mit: „Nach eingehender Prüfung der von der Staatsanwaltschaft eingeholten Akten und mehreren Gesprächen mit dem Betroffenen hat Landrat Dr. Klaus Michael Rückert davon abgesehen, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.“

Für Werner Straub ist es „längere Zeit ungewiss“ gewesen, „ob mein Dienstherr ein Disziplinarverfahren gegen mich einleiten würde“. Er berichtet: „Der damalige Landrat und der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der KLF gGmbH haben mich damit im Juli 2010 konfrontiert.“ Peter Dombrowsky und Rechtsanwalt Wolfgang Ziefle. Straub war sich jedoch sicher, dass ein etwaiges Disziplinarverfahren einzustellen wäre.

Wegen der Hausmitteilung des Geschäftsführers gegen ihn als „Anzeigenerstatter“ habe er sich an den Betriebsratsvorsitzenden und an die externe Datenschutzbeauftragte der KLF gewandt, schreibt Straub. Der Betriebsrats-Chef Jörg Marx sitzt selbst im Aufsichtsrat…

KLF-Anwältin gegen KLF-Datenschützerin

Die Datenschutzbeauftragte wurde tätig: „Sie hat in einer ausführlichen Stellungnahme dargelegt, dass die Inhalte der Hausmitteilung gegen mein Persönlichkeitsrecht verstoßen, womit ich Herrn Schmidhuber dringend aufgefordert habe, die Hausmitteilung zu korrigieren (die Stellungnahmen der Datenschutzbeauftragten waren hausintern immer zu beachten). Stattdessen beauftragte er eine Juristin im Namen der KLF gGmbH, die mir schrieb, dass sie mein Begehren noch nicht prüfen könne und nach den Neujahrsfeiertagen wieder auf mich zukäme. Deshalb nahm ich das Angebot der Datenschutzbeauftragten an, sich direkt an Herrn Schmidhuber zu wenden, was sie getan hat.“

Die Rechtsanwältin, die Schmidhuber gegen die Datenschutzbeauftragte der KLF engagiert hatte, gehört nach Informationen der SÜDWEST PRESSE zur Stuttgarter Kanzlei DKS. Deren Adresse ist eine der Anschriften von Schmidhubers Firma „3A Beratung + Management“. Landrat Rückert hat auf Anfrage mitgeteilt, „dass diese Kanzlei von der KLF zu Zeiten des Geschäftsführers Rainer Schmidhuber Aufträge erhalten hat“.

Nach Auskunft des Landratsamtes entsprach Schmidhubers Hausmitteilung „nicht der Korruptionspräventions- Philosophie des Landkreises“. Das Verfassen einer Hausmitteilung gehöre jedoch zum „operativen Geschäft in der KLF gGmbH“. Der Geschäftsführer sei dafür „allein zuständig und allein verantwortlich“. Interims-Nachfolger Theo Blum habe die Hausmitteilung „am 14. März 2011 gelöscht“. Der KLF-Aufsichtsrat hatte Rainer Schmidhuber eineinhalb Monate vorher freigestellt.

Auch nach dem Rauswurf des Managers ist Werner Straub vom Kontrollgremium der KLF mit seinem Vorsitzenden Klaus Michael Rückert nicht rehabilitiert worden – sein Amt bekam er nicht zurück.

In dieser Woche meldete sich Straub allerdings mit einer Neuigkeit bei der SÜDWEST PRESSE: „Ich werde demnächst die Aufgabe der stellvertretenden Amtsleitung im Kommunal- und Rechnungsprüfungsamt übernehmen mit den Schwerpunkten ,Rechungsprüfung der Landkreisverwaltung‘ und ,Demografische Entwicklung‘. Eine Aufgabe, auf die ich mich freue und deren Übertragung ebenfalls vom Vertrauen meines Dienstherrn in meine Person zeugt.“

 

26 Jahre an der Spitze des Horber Hospitals – Werner Straubs Amtszeit in Stichworten

Werner Straub hatte als Stellvertretender Verwaltungsdirektor der Kirchen- und Hospitalpflege Horb ab 1984 die Arbeitsschwerpunkte „Personal aller Einrichtungen“ und „Krankenhaus Hospital zum Heiligen Geist“. 1987 organisierten Verwaltungsdirektor Peter Silberzahn und er die Zentralverwaltung neu – Werner Straub übernahm zusätzlich die Funktion des Krankenhaus-Verwaltungsleiters: „Ich implementierte ein effizientes Controlling, mit dessen Hilfe es gelungen ist, die Entwicklung des Hospitals finanzwirtschaftlich und organisatorisch sehr positiv zu gestalten“, erzählt er. 1995 wurde seine Position zum Geschäftsführer aufgewertet. „Besonders wichtig war mir neben der Personalentwicklung immer das frühzeitige Agieren hinsichtlich sich abzeichnender künftiger Erfordernisse in enger Absprache mit dem Krankenhausträger. So konnten wir bei den ersten Krankenhäusern sein, die anfangs der 90er-Jahre ein Leitbild mit Belegschaft und Träger erarbeiteten, danach den Einstieg in das Qualitätsmanagement machten und 2003 den Frühumstieg auf das neue DRG-Abrechnungssystem [Fallpauschalen- System; Anmerkung der Redaktion] schafften; in dessen Folge war die Einführung eines Medizin- Controlling geplant.“

Ein Medizin-Controlling gab es in der KLF gGmbH unter Geschäftsführer Rainer Schmidhuber nicht – der neue Geschäftsführer Christian Roppelt will es einführen (wir berichteten).

Als Geschäftsführer des Hospitals war es Werner Straub „auch ein großes Anliegen, die medizinischen Kooperationen mit dem Marienhospital Stuttgart und dem Kreiskrankenhaus Freudenstadt auszubauen“. Als das Horber Krankenhaus an den Landkreis Freudenstadt überging, hat sich Werner Straub zum 1. Januar 2004 in ein Beamtenverhältnis beim Landkreis Freudenstadt berufen lassen – mit der Funktion des Stellvertretenden Krankenhausdirektors, aus dem mit der Gründung der Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH (KLF) der Stellvertretende Geschäftsführer mit Prokura wurde.

Werner Straub ist Diplom- Verwaltungswirt (FH) und Bilanzbuchhalter (IHK). Fortbildungen hat er im Bereich des Qualitätsmanagements, des Christlichen Managements und im Bereich der Personalentwicklung absolviert. Seit 19 Jahren ist er ehrenamtlich als Prüfer für die Industrie- und Handelskammer tätig.

 

Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik

 

Siehe auch:

Kommentar: Zivilcourage bestraft (13.12.2011)

Samstag

31

Dezember 2011

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Horb