Andreas Ellinger

JOURNALISMUS IN WORT UND BILD

Zivilcourage bestraft

Veröffentlicht in: Kommentare, Politik

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Wer im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Freudenstadt oder der Eigenbetriebe des Landkreises einen Korruptionsverdacht hat und nicht seinen Job riskieren will, der schweigt besser. Das ist das Signal, das von der heimlichen Absetzung des Stellvertretenden Kreisklinik-Geschäftsführers Werner Straub ausgeht – mehr noch: Das ist Teil einer politischen Kultur, die maßgeblich von der CDU geprägt ist.

Geschützt wurde im Falle der Kreiskrankenhaus-Führung über Jahre hinweg, wer für Missstände verantwortlich war – angefeindet wurde, wer auf Missstände hingewiesen hat. Politische Seilschaften haben dafür gesorgt, dass Landrat Peter Dombrowsky im Sommer 2010 regulär in den Ruhestand gehen konnte. Wäre Geschäftsführer Rainer Schmidhuber gefallen, hätte er Aufsichtsrats-Chef Dombrowsky vermutlich mitgerissen. Deshalb durfte der KLF-Boss fast ungestört sein Unwesen treiben: Ein geheimer Schließungsplan fürs Horber Hospital, Chefarzt-Bespitzelung, eine Kampagne gegen FDP-Politiker Michael Theurer auf einer KLF-Internetseite und Millionen-Verluste sind nur einige der Errungenschaften, die Schmidhuber für sich verbuchen konnte – ohne dass ihm das Kontroll-Gremium das Handwerk gelegt hätte.

Als es um den Schuldenberg eines Chefarztes ging, den jener gegenüber der KLF anhäufen konnte, interessierte das die Staatsanwaltschaft. Dombrowsky hat es dennoch in den Ruhestand gereicht und später wurde das Ermittlungsverfahren gegen Schmidhuber wegen des Verdachts der Untreue sogar eingestellt: Ein Darlehensvertrag, der unzulässig gewesen wäre, wurde nicht als Darlehensvertrag bewertet. Derjenige, der das Verfahren ausgelöst hatte, sollte aber nicht so ungeschoren davonkommen wie Dombrowsky und Schmidhuber. Noch während das Verfahren lief, hatte Dombrowsky erwogen, ein Disziplinarverfahren gegen Werner Straub einzuleiten.

Ein solches wäre zum Scheitern verurteilt gewesen. Straub hatte mit seinem Schreiben an die Staatsanwaltschaft im Sinne der Korruptionsbekämpfung und damit im Sinne der KLF gGmbH gehandelt. Seine Prokura verlor er trotzdem. Der Aufsichtsrat hat ihn einfach ohne Disziplinarverfahren abserviert. Das Gremium traute sich nicht einmal, eine Presseerklärung herauszugeben, wie es sonst üblich ist, wenn Führungspersonen abgesetzt werden. Warum?

Gerlinde Slink von der Bürgerinitiative „Pro Krankenhaus Horb“ hatte just zu diesem Zeitpunkt 1979 Unterschriften für den Horber Chirurgen Professor Dr. Dr. Heiner Welter gesammelt, von dem sich der Aufsichtsrat im Sinne von Schmidhuber und Co. trennen wollte. Wäre aufgeflogen, dass Straub beseitigt wurde, hätte der neue Landrat Dr. Klaus Michael Rückert das Bisschen Vertrauen eingebüßt, dass er sich bis dahin erarbeitet hatte. Er wusste zudem, dass nichts gegen Straub vorliegt. Oder hätte er ihm sonst eine Stabsstelle im Landratsamt angeboten?

Rückert ist kein Dombrowsky, aber er hat dieselben Berater. Im kommenden Sommer, wenn die Amtszeit des KLF-Aufsichtsrats ausläuft, können neue Fachleute und Kreisräte berufen werden: Werner Straub müsste als KLF-Insider und künftiger Vize des Rechnungsprüfungsamtes ganz oben auf der Kandidatenliste stehen.

Dass der Aufsichtsrat ihn nach dem Rauswurf Schmidhubers nicht in die KLF-Leitung zurückgeholt hat, ist nicht nur unter Aspekten der Korruptions-Vorbeugung verheerend, sondern obendrein zum Nachteil der Kliniken gewesen. Der zweite KLF-Vize, Theo Blum, hätte seinen Kollegen in der Übergangs-Geschäftsführung sicher gut brauchen können.

Der Kreistag sollte jetzt dringend ein Anti-Korruptions-System einrichten. Konzerne wie REWE werben bei ihren Mitarbeitern dafür, dass sie Verdachtsmomente vertraulich bei Ombudsleuten außerhalb der Firma melden. Werner Straub hatte eine solche Möglichkeit nicht – aber die Zivilcourage, an die Staatsanwaltschaft zu schreiben.

Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik

 

Siehe auch:

Bericht: Wie KLF-Vize Werner Straub abgesetzt wurde (31.12.2011)

Samstag

31

Dezember 2011

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Horb