Andreas Ellinger

RESEARCH, ANALYSES AND REPORTING

Einer ist alle – alle sind einer!

Veröffentlicht in: Glossen, Politik

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Das demokratische Desaster um das Kreiskrankenhaus mit Standorten in Horb und Freudenstadt hat am 27. Juni 2005 seinen Lauf genommen – als der Kreistag beschlossen hat, den Eigenbetrieb als „gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ auszugliedern. Die Entscheidungsprozesse sollten schneller, effizienter und effektiver werden, wie der damalige Klinik-Direktor Rainer Schmidhuber schrieb, der heute Geschäftsführer ist. Im Umkehrschluss hieß das: Der Kreistag sowie sein Krankenhaus- und Sozialausschuss arbeiten zu langsam, zu ineffizient und zu ineffektiv.

Selbst wenn das unter wirtschaftlichen Aspekten richtig gewesen sein sollte… – es ging um eine Grundsatzfrage: Soll sich eine demokratisch organisierte Gebietskörperschaft an den „Gesetzen“ des Wirtschafts-Systems orientieren oder muss die Wirtschaftsweise der demokratischen Gesellschaftsstruktur angepasst werden?

Der Kreistag hat sich – bei sechs Gegenstimmen und einer Enthaltung – mehrheitlich dafür entschieden, die demokratischen Entscheidungs-Grundsätze dem Wirtschafts-System unterzuordnen. Das Krankenhaus wurde zur KLF gGmbH, in deren Aufsichtsrat fünf Kreisräte die parlamentarische Kontrolle gewährleisten sollten…

Wäre da nicht die Schweige-Pflicht: Ein Aufsichtsrats-Mitglied, das seine Kontroll-Ergebnisse öffentlich macht, riskiert eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Dieses Strafmaß nannte Aufsichtsrats-Vize Wolfgang Ziefle im Kreistag, als er erklärte, was ein Geheimnisträger zu unterlassen hat…

Die Kreiskrankenhaus-Gesellschaft (KLF) wirkt strukturell wie eine Demokratur. Das Landratsamt Freudenstadt informiert: „Die Gesellschafterversammlung einer GmbH besteht aus den Gesellschaftern (=Eigentümern) der Gesellschaft. Das können viele Personen sein, in unserem Falle gibt es nur einen Eigentümer: den Landkreis und der handelt durch seinen gesetzlichen Vertreter, das ist der Landrat. Eine Gesellschafterversammlung der KLF gGmbH besteht daher auch nur aus einer Person, eben dem Landrat. Der ,versammelt‘ sich dann in der Gesellschafterversammlung – dazu braucht er keine Einladung, keine Tagesordnung und keine Anwesenheitsliste – und beschließt, was zu beschließen ist. Weil er nur eine Person ist, kann er laut GmbH-Gesetz auf […] die Fristen für die Einladung verzichten. Er ist gesetzlich verpflichtet, mindestens einmal im Jahr eine Gesellschafterversammlung abzuhalten […]. Weitere Gesellschafterversammlungen erfolgen, wenn wichtige Dinge zu beschließen sind […]. Dies war beispielsweise der Fall bei der Gründung der Tochtergesellschaften. Nach der Hauptsatzung des Landkreises Freudenstadt ist der Landrat verpflichtet, alle wichtigen Dinge dem Kreistag vorzulegen und deshalb hat er auch den Jahresabschluss der KLF gGmbH und die Gründung der Tochtergesellschaften MVZ und Service GmbH vor der Gesellschafterversammlung in den Kreistag eingebracht, darüber hinaus wird der Kreistag mindestens zweimal jährlich über den aktuellen Stand und die Entwicklungen in der KLF gGmbH informiert. Damit soll verdeutlicht werden, dass die Willensbildung für die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung im Kreistag erfolgt. Der Landrat führt die Kreistagsbeschlüsse dann in der Gesellschafterversammlung aus.“

Das muss man sich bildlich vorstellen: Aufsichtsrats-Vorsitzender Peter Dombrowsky lädt sich fristlos als Gesellschafter-Vertreter ein. Liest er sich dann seinen Rechenschaftsbericht vor – oder entlastet er sich gleich? Auf jeden Fall bringt er den Willen des Kreistags ein, um jenen beschließen zu können. Das Ergebnis fällt 1-stimmig aus. Hier gilt: Einer ist alle – alle sind einer!

Peter Dombrowsky könnte zum Ende seiner Amtszeit noch als kommunaler Staatsgründer in die Herrschafts-Geschichte eingehen: Wann ruft er die econokratische Landratialrepublik Freudenstadt offiziell aus?

Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik

 

Siehe auch:

Krankenhäuser außer Kontrolle

Montag

16

März 2009

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Horb