Stärken erkennen – und nutzen!
Veröffentlicht in: Berichte, Bildung
In Team-Trainings der Horber Berufsschule lernen angehende Techniker zielorientiert zu arbeiten
Alle sprechen von Team-Arbeit… – an den Beruflichen Schulen Horb wird sie trainiert: mit einem erlebnispädagogischen Ansatz. Die Psychologin Kathrin Zink-Jakobeit und ihr Mann, der Lehrer Henning Jakobeit, haben das Konzept entwickelt und erprobt – wobei nicht „nur“ Team-Kompetenzen entstanden sind, sondern auch mehrere Horber Brücken-Modelle.
Horb. Brücken bauen zu können, das ist für die Team-Arbeit wichtig – bei den viertägigen Trainings der Horber Techniker-Schüler in der bayerischen Röhn nicht nur in sprichwörtlicher Hinsicht.
Henning Jakobeit und Kathrin Zink-Jakobeit stellen die Teams vor folgende Projekt-Aufgabe: „Die Stadt Horb hat in Kooperation mit dem Land Baden-Württemberg und dem Bund eine Ausschreibung für den Bau der Horber Brücke über das Neckartal getätigt. […] Planen Sie Ihr Brückenmodell innerhalb von 30 Minuten und überzeugen Sie die Vertreter der Stadt Horb von Ihrem Projekt mittels einer maximal fünfminütigen Präsentation.“ Der Bau muss dann in 60 Minuten realisiert werden – mit drei Brettern in verschiedenen Längen, 15 Nägeln, Hammer, Säge, Spaten und mit Natur-Material aus der Umgebung des „Bach-Tals“, das es zu überbrücken gilt.
Hier ist Kreativität und Spontanität gefordert – und Team-Geist. Letztlich ist es aber egal, wie erfolgreich das Projekt abgeschlossen wird. In jedem Fall können sich die Techniker-Schüler in der Projekt-Analyse vergegenwärtigen, auf welche Faktoren es für eine erfolgreiche Team-Arbeit ankommt und wie sich ein erfolgreiches Team zusammensetzt – oder es zusammengesetzt werden kann.
Durch diese Reflexion wird die Wirkung der Erlebnispädagogik verstärkt. Indem die Schüler ihre Gruppen-Arbeit(sweise) analysieren, eignen sie sich das theoretische Wissen an. Auf dieser Basis sollen sie im (Berufs-)Alltag aufbauen können, wenn eine erfolgreiche Team-Arbeit gefragt ist. Kathrin und Henning Jakobeit sagen: „Wir reflektieren gemeinsam die Vorgehensweise, die Rollen- Verteilung und die Kommunikationsstruktur.“
Eine nicht nur für die Team-Arbeit wichtige Frage lautet: „Wie reden wir miteinander?“ Was vom Vorgesetzten oder von Kollegen gesagt wird, kann motivieren – oder demotivieren. Henning und Kathrin Jakobeit wollen das Bewusstsein dafür schärfen, wie konstruktiv kritisiert werden kann: „Es geht darum, lösungsorientiert zu analysieren. Wir haben immer das Ziel im Blick: Was brauchen wir oder hätten wir gebraucht, damit wir dieses Ziel erreichen?“
Henning Jakobeit nennt einen Mitarbeiter als Beispiel, der ständig zu spät kommt. Wenn die Ursache dafür sei, dass der Mann dauernd verschlafe, dann bringe es wenig, ihn in den Senkel zu stellen. Zielorientiert sei es, mit dem Mitarbeiter einen Lösungs-Ansatz zu entwickeln – so dass er künftig beispielsweise zwei oder drei Wecker stellt, die im Zimmer verteilt stehen. „Es geht darum, eine Verhaltens-Änderung zu erreichen, ohne die Beziehung zu belasten.“ Der erste Schritt zu solch‘ konstruktiver Kritik ist es, überhaupt darüber nachzudenken: „Wie sage ich etwas?“ Das trägt zu einer guten Arbeits-Atmosphäre im Team bei.
Das gilt auch für die Schule und dort nicht nur für Schüler, sondern für Lehrer gleichermaßen. „Als Pädagoge muss ich mir die Frage stellen, wie spreche ich mit Schülern und über Schüler“, sagt Henning Jakobeit. Am Ende der Team-Trainings werden teilweise sogar „Verträge“ zwischen Schülern und Lehrern abgeschlossen, in denen im Sinne der Ziel-Orientierung für den Schul-Alltag Regeln oder Verhaltensweisen vereinbart werden.
In der persönlichen Lebensplanung halten die Psychologin und der Lehrer die Zielorientierung ebenfalls für wichtig: „Wir wollen die Wahrnehmung schärfen für das, was jemand schon kann“ – um die Stärken ausbauen zu können.
Henning Jakobeit, der auch Schüler im „Berufs-Einstiegsjahr“ unterrichtet, sagt: „Wer seine Stärken entwickelt, wird einzigartig – wer Schwächen abbaut, wird in diesen Bereichen nur Mittelmaß.“ Und für die Team-Arbeit ist es wichtig, Stärken zu erkennen, um die Mitarbeiter möglichst wirkungsvoll einsetzen zu können.
Über solche Einsichten hinaus bekommen die angehenden Techniker unter anderem Team-Management-Modelle vorgestellt, die sie in Übungen ausprobieren können. In einem Nachbereitungs- Workshop an der Schule, werden die Erkenntnisse gefestigt, um die Anwendung des Wissens im Alltag zu erleichtern. Der Hintergrund dieser Methode ist die Überzeugung: „90 Prozent von dem, was man erlebt, bleibt hängen.“
Schon bisher wird das Ehepaar Jakobeit bei diesen Trainings von anderen Berufsschul-Lehrern unterstützt. Nun soll das Konzept noch ausgeweitet werden. Am Ende der zweijährigen Techniker- Ausbildung soll nochmal ein größeres Projekt gestemmt werden, wie etwa ein Floß-Bau am Empfinger See – in Team-Arbeit versteht sich. Im Berufs- Einstiegs-Jahr (BEJ) könnte auch ein dreitägiges Training verankert werden. Und an der Fachschule für Industriemeister gibt es im Rahmen eines Vorbereitungs-Kurses einen Team-Tag.
Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik
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