Andreas Ellinger

JOURNALISMUS IN WORT UND BILD

36,56 Prozent vom Strompreis

Veröffentlicht in: Berichte, Energie

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Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) macht die Einspeisevergütung für Windkraftanlagen an Land von deren Referenzertrag abhängig. Das Landesumweltministerium hat auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE mitgeteilt: „Der Referenzertrag ist die Strommenge, die eine bestimmte Windkraftanlage an einem definierten Referenzstandort in fünf Jahren erbringen würde.“

Die Höhe des Referenzertrags entscheidet darüber, wie lange Windkraftanlagen-Betreiber die „erhöhte Anfangsvergütung“ für ihren Strom bezahlt bekommt. Das Landesumweltministerium erklärt: „Bei Windkraft gibt es eine Anfangsvergütung, die mindestens fünf Jahre gezahlt wird, und eine Grundvergütung, die nach Ablauf der Anfangsvergütung bezahlt wird.“ Diese Anfangsvergütung inklusive eines „Systemleistungsbonus“ beträgt 9,41 Cent pro Kilowattstunde, die Grundvergütung 4,87 Cent pro Kilowattstunde.

Vor diesem Hintergrund wird laut Landesumweltministerium wie folgt vorgegangen: „Für jedes Windkraftprojekt wird bestimmt, welchen Ertrag die Anlage an dem tatsächlichen Standort im Vergleich zum Referenzertrag bringt.“

Im Baden-Württemberger „Windatlas“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz werden mögliche Windkraftwerks-Standorte in zwei Kategorien unterteilt – in Standorte, wo Anlagen einen Referenzertrag von mindestens 60 Prozent erreichen, und in Standorte, wo sie einen Referenzertrag von 80 Prozent oder mehr erreichen. Im Waldgebiet zwischen Rexingen, Bittelbronn und Grünmettstetten (Bereich „Großer Hau“), in dem die Mannheimer MVV AG gerne einen Windpark mit fünf bis acht Anlagen errichten würde, kann laut Windatlas ein Referenzertrag zwischen 60 und 79 Prozent erzielt werden.

Das Landesumweltministerium erläutert: „Da der Referenzstandort bereits ein guter Standort ist, bringen Windkraftanlagen meist unter 100 Prozent des Referenzertrags. In Baden-Württemberg oft nur zwischen 60 und 80 Prozent. Bereits bei höchstens 80 Prozent Referenzertrag – und das ist ein relativ guter Standort in Baden-Württemberg – wird die Anfangsvergütung über die gesamte 20-jährige Förderperiode bezahlt. […] Die meisten Windkraftanlagen im Binnenland erhalten über die gesamte Förderdauer die Anfangsvergütung.“ So wäre das auch im Fall der Horber Windräder (SÜDWEST PRESSE vom 22. Juni). Demnach würde der Windpark-Investor im „Großen Hau“ dieselbe Einspeisevergütung bekommen wie Anlagen-Betreiber an einem „relativ guten Standort in Baden-Württemberg“: 9,41 Cent pro Kilowattstunde Strom.

Dieser Kilowattstundenpreis wird auf 20 Jahre garantiert bezahlt und bietet folglich Investitionssicherheit. Ob es sich dabei um eine Subvention der Windenergie handelt (die von den Stromkunden bezahlt werden muss), scheint in Anbetracht der Strompreise, welche Energieversorgungsunternehmen verlangen, fraglich zu sein.

Der Bundesverband der Energieund Wasserwirtschaft (BDEW), zu dessen Mitgliedern die EnBW gehört, hat in der „Strompreisanalyse Mai 2012“ einen „durchschnittlichen Strompreis eines Drei-Personen- Haushaltes mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden“ in Höhe von 25,74 Cent pro Kilowattstunde errechnet – der Preisanteil des Horber Windstroms läge bei 36,56 Prozent (9,41 Cent).

Aus dieser BDEW-Analyse geht außerdem hervor, dass jener durchschnittliche Strompreis vom Jahr 2000 bis zum April 2012 von 13,94 Cent pro Kilowattstunde auf 25,74 Cent gestiegen ist. Die Mehrkosten, welche die Einspeisevergütungen für Strom aus Windkraft, Wasserkraft, Sonnenenergie und Co. nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verursachen, sind in Form der EEG-Umlage im Strompreis enthalten: Sie ist von 2000 bis zum April 2012 von 0,20 auf 3,59 Cent pro Kilowattstunde gestiegen.

Von der Strompreis-Erhöhung um 11,8 Cent pro Kilowattstunde gehen also nur 3,39 Cent auf das Konto der erneuerbaren Energien und des EEG.

Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horber Chronik

Samstag

23

Juni 2012

Publikation:
Südwest Presse

 

Ressort:
Horb