Auf dem Klageweg gegen den Windpark?
Veröffentlicht in: Berichte, Justiz
Rechtsanwalt Michael Duffner sieht kaum juristische Erfolgschancen für Grundstückseigentümer
Welche Möglichkeiten haben Grundstückseigentümer, den Bau einer naheliegenden Windkraftanlage mit juristischen Mitteln zu verhindern? Darüber hat der Freudenstädter Rechtsanwalt Michael Duffner beim Landesverband Württembergerischer Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer referiert.
Horb/Freudenstadt. Grundstückseigentümern im Horber Waldgebiet „Großer Hau“ könnte es passieren, dass ihr Nachbar, die Stadt, in absehbarer Zeit ein Windrad errichten lässt. Das Flächennutzungsplan-Verfahren läuft: In den nächsten Wochen wird der Gemeinderat über den „Sachlichen Teilflächennutzungsplan Windenergie“ entscheiden, mit dem die Voraussetzungen für einen Windpark geschaffen werden könnten.
Klagen über einen Windpark gibt es viele – aber könnte es auch Klagen gegen einen Windpark geben, die eine Aussicht auf Erfolg haben? Im Stadium der Flächennutzungsplanung in der Regel (die bekanntlich nie ohne Ausnahme ist) nicht, erklärt Rechtsanwalt Michael Duffner. Der Flächennutzungsplan werde im Unterschied zu einem Bebauungsplan nicht als „Satzung“ erlassen. Das habe zur Folge, dass keine Normenkontrolle vor dem Verwaltungsgerichtshof möglich sei. In einem Flächennutzungsplan werde nicht geregelt, wo genau die Windräder gebaut werden sollen. Und erst, wenn die Standorte feststehen, kann ein Grundstückseigentümer zum Nachbarn werden.
Nachdem im Horber Fall – sofern der Windpark-Flächennutzungsplan rechtskräftig würde – kein Bebauungsplan folgen wird, bleibt nur noch das Baugenehmigungsverfahren. Dafür wird das Landratsamt zuständig sein.
Rechtsanwalt Duffner: „Wenn die Baugenehmigung erteilt wird, dann gibt es betroffene Nachbarn.“ Und der „direkte Nachbar“ habe „die Möglichkeit, gegen die Baugenehmigung vorzugehen“. Nach dem Vorverfahren sei eine Anfechtungsklage möglich. In einer formellen Prüfung könne das Handeln der zuständigen Behörde überprüft werden. Und es könne gegen eine „Verletzung materiellen Rechts“ vorgegangen werden.
Die „freie Sicht auf die Landschaft“ sei aber – beispielsweise – kein Recht im Rahmen des Nachbarschutzes. Und mit dem Abstand zum Windrad sinke die Betroffenheit. So könne ein Gartenhäuschen in 200 Metern Abstand noch vom Schattenwurf des Rotors betroffen sein, sagt Duffner – „ab 900 Metern tut sich nichts mehr“. Der Schattenwurf sei vom Grundsatz her ein „Eingriff, der einer Emission gleicht“. Die Emission, der Ausstoß, ist von Abgasen und vom Lärm her ein Begriff. Auch ein Windrad verursacht Geräusche.
Die Abstandsvorschriften für Windräder, was die Wohnbebauung betrifft, lassen die Betroffenheit der Nachbarn zwangsläufig sinken. Welche nachbarschutzrechtlichen Normen könnten in einem Waldgebiet wie im „Großen Hau“ verletzt sein? Rechtsanwalt Duffner fiel auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE spontan kein Grund ein, mit dem ein Waldbesitzer erfolgreich gegen ein Windrad klagen könnte. „Im Wald lebt und wohnt man nicht.“ Hinzu komme, dass die Gefahr des Eiswurfs inzwischen mit technischen Mitteln vermieden werden könne. Klar sei außerdem, dass der Rotor der Anlage nicht aufs Nachbargrundstück ragen dürfe. Aber selbst die potenzielle Sturmwurfgefahr um Windrad-Lichtungen herum hält Michael Duffner nicht für geeignet, um als Nachbar juristisch Erfolg versprechend agieren zu können.
Der Anwalt verweist auf das Ziel der grün-roten Landesregierung, mehr Strom aus Windenergie zu gewinnen. Sie habe dafür gesorgt, dass in der Regionalplanung keine „Verhinderungsplanung“ mehr möglich sei, mit der die CDU einst eine „Verspargelung der Landschaft“ verhindern wollte. Es gebe keine Ausschlussgebiete mehr, sondern Vorranggebiete für die Windkraftnutzung. Selbst, wenn die Windhöffigkeit niedrig sei, spiele das keine Rolle, „wenn ein Investor kommt, dem das reicht“.
Andreas Ellinger, Südwest Presse Horb, Horb